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Gedanken eines ehemaligen Knappen - oder: aus dem Leben des Sir Veyt van Roth[]

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Kategorie:Orden des ErbauersKategorie:Geschichten

Teil 16[]

Gedankenknappen16

Wieviel sind 5 Tage? 5 Tage sind nüchtern betrachtet 120 Stunden. Aber was konnte in 5 Tagen alles passieren?

In 5 Tagen konnte nahezu alles passieren.

Man konnte morgens aufstehen und abends schlafen gehen.

Oder man konnte ein ganzes Feld ernten.

Ein Dach konnte neu gedeckt, eine Mauer konnte gebaut werden.

Eine Schlacht konnte gewonnen, ein Krieg konnte verloren werden.

Ein Land konnte im Chaos versinken.

Ein Mensch konnte sterben oder es konnte neues Leben die Welt betreten.

Ein Mensch konnte merken was der Mensch neben ihm für ihn bedeutete.

In fünf Tagen war nahezu alles möglich. Fünf Tage seines Lebens, die er nie wieder bekommen würde. Die für immer verloren waren. Aber welche fünf? Die fünf Tage die am nächsten lagen? Oder die fünf am Ende seiner Zeit?

Er wusste es nicht. Auch der Magister konnte (oder wollte?) ihm die Antwort nicht sagen. Das einzige, was er wusste, war, dass er irgendwann, irgendwo, irgendwie 5 Tage eher diese Welt verlassen würde.

Es fühlte sich seltsam an. Tatsächlich fühlte er den Verlust nicht wirklich physisch außer in den Moment als funkenstiebend die Tagesschichten seiner Lebenslinie pulverisiert und von ihm abgesprengt worden waren und damit Haut und Fleisch sich wieder in ihren Ursprung zurück gefügt hatten.

Kein Kratzer der an die Schnitte und Stiche der Blutelfenklingen erinnerte. Und dennoch.

Er hockte in der Schreibstube des südlichen Garnisonsgebäudes, vor sich Papier und Feder. Neben sich zerrissenes und zerknülltes Papier und verschlissene Federn. Seit Stunden hockte er da und versuchte seine Gedanken zu sortieren, in Worte zu bringen, Bericht zu erstatten. Aber es gelang ihm einfach nicht.

Mit einem wütendem Schnauben packte er den letzten Versuch eines Schreibens, zerknüllte ihn zwischen malmenden Händen, die sich so sehr wünschten es wäre ein Elfenschädel und kein Blatt Papier.

5 Tage deines Lebens die du nie wieder zurück bekommen wirst. Vielleicht würdest du in diesen Tagen Litonja den letzten Kuss geben. Vielleicht würdest du in diesen Tagen selbst das erste Mal Vater werden. Vielleicht würdest du in diesen 5 Tagen deinen eigenen Knappen zum Ritter schlagen.

Vielleicht. Eventuell. Womöglich.

Spekulationen. Immer und immer wieder das Wenn und Aber. Immer wieder das Pendeln zwischen Baugefühl und Verstand. Immer wieder der Kampf zwischen Ehrgefühl und Rachedurst.

„Wo ist dein Wille hin?“, hatte man ihn gefragt. „Wo ist dein Selbstrespekt?“

Mit einem widerlichen Kreischen dass an Fingernägel auf einer Schiefertafel erinnerte, schlitzte eine neue Schreibfeder ein neues Blatt auf. Die Tinte quoll sofort in das faserige Papier, wie Blut aus einer Wunde in den Stoff quellen würde, wäre dies ein Schwert statt einer Feder und ein Elfenkörper statt des Blattes...

Er kannte die Antwort. Beides war wenige hundert Meter von ihm entfernt. Scharrte an dem verdammten Tor der Burg, welches für ihn geschlossen blieb, dass ihn gefangen hielt wie ein Tier in einem Käfig.

Wieder kreisten die Gedanken in seinem Kopf. War sie noch am Leben? Vielleicht. Hatten sie sie gefoltert? Ziemlich wahrscheinlich. Litonja war zäh. Sollten sie vorhaben, sie zu verhören, sie würde lieber sterben als etwas zu verraten. Und genau das machte ihm Sorgen.

Fünf Tage deines Lebens. Die Heilung deiner Wunden. Die Möglichkeit loszupreschen und wie die fleischgewordene Vergeltung ihr verdammtes Lager zu finden und sie im Angesicht ihrer so heißgeliebten Sonne den Zorn des Lichts und die Wut des Erbauers spüren zu lassen. Niemand stahl dem Erbauer ungestraft eins seiner Kinder!

Fünf Tage deines Lebens. Für nichts. Dafür, dass du hier hockst und versuchst, Breife zu schreiben. Dafür dass du dir den Kopf zerbrichst, wie du sie retten kannst ohne dein verdammtes Wort als Ritter zu brechen. War es dir das wert?

Veyt stützte grübelnd den Kopf in die Hand und sah in die Kerze, während die Feder ziellos über das Papier kratzte.

Ja, war es. Es war eine Möglichkeit.

Möglichkeit für was? Du weißt doch genau dass keine handvoll Leute da war, um sie zu suchen.

Die Flamme der Kerze tanzte spöttelnd vor seinen Augen.

Ja und? Muss ich deshalb dahocken und Däumchen drehen?

Was willst du sonst tun? Allein da raus? Du spinnst doch,das ist Selbstmord und das weißt du. Haben schon recht getan, dich zu hindern. Hast du damals auch.

Ich hätte nie einen Ritter vom Pferd geschlagen. Und ich habe geschworen, keinen zurück zu lassen. Nicht einen.

Die Flamme zuckte und brachte die Schatten an den Wänden zum tanzen.

Du sitzt in der Patsche. Hast dich selbst eingesperrt. Kein kluger Schachzug.
Du weißt dass er enttäuscht sein wird.

Weiß ich.

Oho, Selbstmitleid? Tsk, gibst du etwa auf? Dummer Kerl.

Veyt schnaubte frustiert was die Kerze erneut zum Tanzen brachte.

Du dummer Junge hast dich provozieren lassen. Bist ihnen in die Falle gegangen. Du hast den Kader in die Falle geführt. Deinetwegen sind sie verletzt. Deinetwegen wurde Litonja entf.....

Mit einem frustrierten Schrei flog das Tintenfass einmal quer durch den Raum und zerschellte an der gegenüberliegenden Wand.

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